Im Gespräch mit
Andrii Kasianchuk
Kiew, Ukraine
Hi Andrii, bitte stell dich kurz vor.
Die Fotografie war schon immer ein Teil meines Lebens. Angefangen hat alles in meiner Kindheit, als ich in einem kleinen Dorf in der Nähe der Hauptstadt aufwuchs. Mein Vater nahm mich auf Wanderungen in den nahe gelegenen Wald mit, wo wir Tiere, Landschaften und andere atemberaubende Sehenswürdigkeiten fotografierten. Als ich älter wurde, trat ich einem Fotoclub in der Schule bei und verfeinerte meine Fähigkeiten. Als ich jedoch nach Kiew zog, um die Universität zu besuchen, verlagerte sich mein Schwerpunkt auf die akademische Welt. Aber es dauerte nicht lange, bis der Ruf der Fotografie zu stark war, um ihn zu ignorieren. Ich belegte einen Kurs in Kunstfotografie bei einem berühmten ukrainischen Fotografen. Dadurch wurde meine Leidenschaft, das Leben durch die Linse einzufangen, neu entfacht.
Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?
Analoge Fotografie ist für mich vor allem eine Verbindung. Verbindungen mit der Vergangenheit, mit Erfahrungen, mit Visionen und letztlich mit den Gesetzen der Physik. Wenn ihr wüsstet, wie sehr ich es bereue, in der Schule Physik und Chemie verpasst zu haben!
Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?
Der größte Nachteil ist für mich, dass es nicht umweltfreundlich ist. Leider werden einige Filmkomponenten immer noch mit tierischen Bestandteilen hergestellt. Der Vorteil ist für mich, dass der Film zum Innehalten und Nachdenken anregt. Im modernen Lebensrhythmus ist das sehr nützlich. Außerdem ist die analoge Fotografie inzwischen zu einer Art verbindendem Element geworden. Wie ein Kreis gemeinsamer Interessen, in dem man immer Gleichgesinnte findet, gemeinsame Themen.
Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?
Eher nicht. Ich bin daran interessiert, zu experimentieren und ständig auf der Suche zu sein. Ich möchte nicht an einen bestimmten Stil oder ein bestimmtes Genre gebunden sein. Ich freue mich immer, etwas Neues zu machen, das nicht mit früheren Arbeiten vergleichbar ist. Meiner Meinung nach ist das ein Fortschritt.
Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?
Ich bin sehr inspiriert von der Charkiwer Fotoschule. Das ist ein Phänomen, das nur wenige Menschen kennen, aber diese Menschen haben die Fotografie wirklich geliebt, trotz der damaligen Bedingungen. Die meisten der Autoren dieser Bewegung haben mich beeinflusst und inspiriert.
Unter den modernen Fotografen inspirieren mich vor allem Roman Pyatkovka, Taras Bychko und Mark Neville. Es gibt auch viele Klassiker, aber ich werde sie nicht aufzählen, die meisten von ihnen kennt man selbst.
Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?
Ich mag die Yashica Mat-124 und die Leica M3. Die meisten meiner Fotos wurden mit ihnen aufgenommen. Was den Film betrifft, so fotografiere ich meistens mit Ilford HP5+ oder FP4+. Ich verwende selten Farbfilm, aber ich bevorzuge Kodak Gold 200 oder Portra 160.
Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?
Ich kaufe 35-mm-Schwarzweißfilm in 30-m-Rollen. Das ist billiger und ich kann die Anzahl der Bilder, die ich verwenden möchte, anpassen. Ich mache, entwickle und scanne auch selbst Schwarzweißfilme. Für die Entwicklung verwende ich normalerweise D-76 oder Pyro. Mein Scanner ist ein altes Epson-Tablett. Wenn ich einen hochwertigen Scan oder Abzug brauche, bringe ich die Filme ins Labor. Bei Farbfilmen mache ich alles im Labor.
Ich versuche, die Fotos so wenig wie möglich zu bearbeiten. Allerdings experimentiere ich manchmal mit Film und digitaler Bearbeitung. Für Experimente dupliziere ich immer zwei Bilder, so dass eines in seiner ursprünglichen Form belassen und das andere beschädigt werden kann.
Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?
Bildung! Versuche, viele neue Dinge zu lernen, lerne neue Techniken, Methoden, Trends, Visionen. Tausche dich mit anderen Fotografen aus, erweitere deinen Horizont in alle Richtungen. Schließlich weißt du nie, was du morgen brauchen könntest. Denke daran, dass Fotografie nicht eine Kamera ist, weder Film noch digital, sondern ein Fotograf und seine innere Welt. Nur er bestimmt, wohin er den Betrachter führt und was er ihm mitteilen will.
Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?
Jeden Tag mag ich Instagram weniger und weniger. Dies ist kein Ort mehr für Fotografie und Fotografen. So wie das Zeitalter der Foren vorbei ist, so ist jetzt auch das Zeitalter von Instagram zur Präsentation der eigenen Fotografie vorbei. Im Moment bin ich der Meinung, dass jeder Fotograf seine eigene Website haben sollte. Wo er seine Fotos so zeigen kann, wie sie sein sollten. Und sich nicht an das Format und die Beschränkungen des sozialen Netzwerks anpassen muss. Gleichzeitig bleibt Instagram ein Ort der Kommunikation und eine Quelle für Neuigkeiten für Fotografen, Models, Galerien usw.
Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?
Zhu Yingchun „The language of bugs“, Igor Chekachkov „NA4J0PM8“ und Photo album „Ukrainian photographic alternative“