Sam Evans
Im Gespräch mit

Sam Evans

Braunschweig, Deutschland

Hi Sam, bitte stell dich kurz vor.

Aktuell lebe und studiere ich in Braunschweig, Deutschland. Ich studiere freie Kunst in einer Malerei- und Fotografieklasse mit Kunstvermittlung als Zusatzqualifikation. Grade komme ich aus Japan zurück, wo ich einen Austausch mit dem Schwerpunkt auf Printmaking und Arbeiten in der Dunkelkammer hatte. Analoges Fotografieren interessierte mich schon immer und als ich mich endlich, mit dem Zuspruch von guten Freunden selber an die analoge Fotografie gewagt habe, konnte ich nicht mehr zum Digitalen zurück. Seit ich denken kann, arbeite ich am liebsten mit langsamen, alten und vielleicht etwas merkwürdigen Prozessen. Das ist für mich einfach mein Medium geworden.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Ich denke, für mich ist es vor allem das Arbeiten mit dem Material. Im Digitalen werden sehr viele Schritte übersprungen und ich genieße das Arbeiten mit dem Haptischen. Mehr in der Hand zu halten, kleine Schritte zu machen und zwischen den einzelnen Prozessen auch immer wieder in andere Richtungen gehen zu können.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Meine Vorteile sind eindeutig nicht für jede Person ein Vorteil, aber ich genieße das Langsame und das Kleinteilige. Dadurch, dass man sich in der analogen Fotografie selber einschränkt, gibt man einzelnen Motiven viel mehr Aufmerksamkeit. Der Nachteil ist der ganze Müll der anfällt, auch in Form von Chemikalien und der große finanzielle Aufwand. Es ist für mich immer schwieriger, mir das Arbeiten moralisch und finanziell unbeschwert leisten zu können.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

In meiner Fotografie setze ich Körper und Natur miteinander in Relation. Dabei beschäftige ich mich verstärkt mit Artefakten, Ritualen, Erinnerungen, erdachten Konstrukten und der Natur. Dabei spielen Kreisläufe, Schutzmechanismen, menschliche Rohheit sowie die Bedeutungskraft von Orten eine zentrale Rolle. Die Bilder sollen sich durch Planung und Inszenierung sowohl abstrus-außerweltlich als auch authentisch anfühlen. Um dieses Gefühl zu verstärken und den Begriff der Fotografie zu erweitern, experimentiere ich mit verschiedenen analogen Entwicklungstechniken, Nachkolorierungsmethoden und alternativen sowie installativen Präsentationsmöglichkeiten. Oft verbinde ich andere Medien wie Malerei und Bildhauerei mit meinen Fotografien, um ihnen weiter ihre Realität zu entziehen und noch mehr in meinen eigenen erdachten Kosmos und Kontext zu setzten.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Besonders inspiriert bin ich von anderen Fotograf:innen, die Fotografie auch in eine Art von Mixed Media ziehen und aufzeigen, dass sie etwas anderes sein kann, als das Bild an der Wand. Das ist ein Gedankengang, der mir immer wichtiger wird. Menschen wie Jordanna Kalman, Masao Yamamoto, Jamie Johnson befeuern meine Lust auf das Spielen mit dem Medium und es zu hinterfragen. Zusätzlich bewegen mich auch Künstler:innen wie Ren Hang: Menschen, die nicht nur eine einzigartige Bildsprache haben, sondern auch für etwas kämpfen oder gekämpft haben, das weit über dem Bild hinaus liegt. Selbst wenn es kleinteilig und persönlich ist.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Meine Kameras wechseln oft, auch weil ich gerne die Chance nutze, mit denen von Freunden zu arbeiten. Aber zu meiner Yashica 124 und Canon 100 komme ich immer wieder zurück, selbst wenn beide Kameras wirklich nicht mehr gut in Schuss sind, mag ich die unscharfen und oft zerbrochenen Bilder sehr gerne. Bei Film bin ich nicht wählerisch und wenn ich nicht gerade für die günstige Option gehe, wähle ich oft die Ilford Filme, weil man damit wirklich nicht viel falsch machen kann und der Kontrast mir sehr gefällt.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Da ich hauptsächlich schwarz/weiß arbeite, entwickele ich meist selber. Zuerst scanne ich die Negativstreifen, um einen ersten Blick zu haben. Das fertige Bild entstaube ich danach digital. Teilweise handkoloriere ich Drucke, wofür ich unterschiedliche Farben nutze: von Wasserfarben und Öl bis hin zu alten Lasurfarben. Dabei ist es wichtig zu entscheiden, ob ich einen Dunkelkammerabzug machen möchte oder einen digitalen Druck. Je nachdem ist die Papierauswahl eine andere und eignet sich für verschiedene Kolorierungstechniken. Den Print handkoloriere ich meistens in mehreren Schichten. Von dem fertigen Bild muss ich anschließend für die Dokumentation wieder eine Repro machen.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Mich hat es viel Zeit und Spaß an der Fotografie gekostet, dass ich mich nicht getraut habe das zu machen, was ich möchte, sondern eher das, was die Leute von mir gewohnt waren und sehen wollten. Ich habe mich zu sehr darauf habe verpflichten lassen, etwas Bestimmtes abzuliefern und war dadurch lange blockiert. Meine eigenen Arbeiten mochte ich nicht, weil ich im Prozess schon gemerkt habe, eigentlich etwas anderes machen zu wollen. Deshalb würde ich jedem raten: Trau dich aus deiner eigenen Blase auszubrechen, wenn du merkst, dass es Zeit dafür ist. Es wird vielleicht am Anfang Leute vor den Kopf stoßen und nicht leicht sein, aber es ist am Ende das beste für einen selber und die eigenen Arbeiten.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Instagram bietet natürlich die Möglichkeit gesehen zu werden, zu teilen und inspiriert zu werden, einen Austausch zu haben, egal wo man ist. Zudem gibt es die Chance zu entdecken und entdeckt zu werden. Aber wie eben schon angesprochen, ist es auch manchmal ein Fluch in einer Bubble zu sein. Sich plötzlich in einem komischen Vergleich zu sehen, frisst auf jeden Fall an mir. Gerade da ich so langsam arbeite und keinen so großen Output neuer Arbeiten habe wie andere, fühle ich mich oft sehr abgehangen, obwohl ich mir immer wieder versuche zu sagen, dass ich einfach andere Prozesse habe. Trotzdem kann es schnell überfordernd und auch entmutigend sein. Ich denke, damit kann jede Person unterschiedlich gut umgehen.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Eine Empfehlung, die ich machen kann: Kauft die Fotobücher eurer Freund:innen. Oder die Kunst generell. Egal wie viele große oder wichtige Namen man im Regal stehen hat, die Namen von Menschen, die man kennt und einem wichtig sind, in der Hand zu haben ist unbezahlbar. Auch um einander zu zeigen, wie sehr man sich auch künstlerisch wertschätzt.

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Yashica 124, Canon 100, Hasselblad 501c

Film/e

Ilford HP, Afga 100

Farbe & s/w

Farbe & S/W

Ausgewählte Arbeiten

© Sam Evans
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