Anna Pentzlin
Im Gespräch mit

Anna Pentzlin

München, Deutschland

Hi Anna, bitte stell dich kurz vor.

Ich bin freiberufliche Fotografin und Grafikerin und in München tätig. 2015 habe ich angefangen, mich mit analoger Fotografie zu beschäftigen. Das Fotografieren habe ich mir selbst beigebracht.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Mich reizt das langsame Tempo. Der Prozess steht im Vordergrund und das Ergebnis steht am Ende eines Weges. Außerdem mag ich die Ästhetik.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Die Vorteile sind, dass man wirklich lernt, zu fotografieren, Fotografie als Handwerk kennenlernt. Ich sehe außerdem viel genauer hin, da ich weniger Bilder mache. Auf der technischen Seite ist es der Farbumfang und der Tonwertumfang, der mit recht günstigem Equipment erreicht werden kann und das digitale Bild weit hinter sich lässt, es sei denn man hat Technik im Kostenumfang eines Kleinwagens.

Dasselbe gilt für die Bildgröße. Die erreichte Schärfe liegt im Vergleich zum digitalen Bild auf dem zweiten Platz. Aber ich finde, Bildqualität und Bildästhetik sind nicht im Zusammenhang mit der Schärfeabbildung zu sehen.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

Mein Schwerpunkt liegt schon auf dem Bildergebnis. Darauf arbeite ich hin. Ein gelungenes Bild erzeugt in meinen Augen eine emotionale Empfindung. Dann kommt als zweiter Schritt ein Inhalt hinzu. Der Inhalt wiederum verändert sich ständig, je nachdem, in welcher Lebensphase ich bin, mit welchen Künstlern ich zusammenarbeite und mit welcher theoretischen Literatur ich mich beschäftige.

Im Moment lese ich mich in den fototheoretischen Diskurs des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart ein. Das hat mein Verständnis von Fotografie und dem fotografischen Bild noch einmal umgewürfelt.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Das ändert sich ständig. Im Moment sind es Theoretikerinnen, die mich beeinflussen und begeistern und mir neue Wege zeigen, das fotografische Medium zu denken und zu nutzen. Susan Sontag natürlich, aber Lucy Soutter und Rosalind Krauss.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Ich arbeite viel mit dem Kodak Portra. Er verzeiht viel, bis zu vier Drittelblendenstufen Unter- oder Überbelichtung. Den Ektachrome wiederum mag ich besonders, weil er gerade nicht verzeiht. Man muss das Licht auf den Punkt messen und sauber arbeiten.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Je nachdem wie schnell ein Film fertig sein muss entwickel ich selbst oder ich gebe die Bilder zur Entwicklung zum Fotoparadies/DM. C41 sowie E6 sind standardisierte chemische Verfahren und ein Großlabor arbeitet meiner Erfahrung nach weniger fehleranfällig als meine Wenigkeit am Sous-vide Garer.

Die Digitalisierung mach ich selber an meinem Scanner. Ich habe einen recht Guten, den Reflecta MF 5000, der auch Mittelformat kann. Oder ich vergrößere meine Bilder. Damit habe ich gerade angefangen. Man braucht hier auch nur ganz wenig Equipment und es macht richtig Spaß. Ein toller YouTuber zu dem Thema ist Ribsy. Highly recommended!

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Dranbleiben. Am Anfang war ich oft enttäuscht von meinen Bildern und einige Filme habe ich auch beim Entwickeln verloren. Aber für mich war es ein super Gefühl, zu merken, wie meine Bilder immer besser werden. Na ja und: bitte keine Chauvi-Bilder von (halb-)nackten Frauen in lasziven Posen. Diese bildgewordenen Männersexphantasien nerven einfach nur noch. Und es gibt so viele andere spannende Motive auf dieser Welt.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Im Moment eher ein Fluch. Ich bin Mama geworden und habe einfach nicht mehr so viel Zeit. Ich fühle mich durch die Struktur und die Algorithmen von Instagram unter Druck, weiterhin und vor allem ständig zu posten. Aber andererseits ist Instagram für mich ein tolles Tool, um mich zu vernetzen. Ich habe tolle Menschen kennengelernt über Instagram und wunderbare Arbeiten umgesetzt.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Kein Fotobücher, aber Bücher/Schriften über Fotografie bzw Kunst.

Susan Sontag – „Against Interpretation“
Wunderbar geschrieben, nicht voraussetzungsvoll und verständlich.

Roland Barthes – „Camera lucida“
Eine theoretische Schrift, aber auch sehr literarisch geschrieben. Einfach toll zu lesen.

Reclam – „Texte zur Theorie der Fotografie“
Perfekt, um einen ersten Einblick und ein Gefühl für den fototheoretischen Diskurs im 20. Jahrhundert zu erhalten.

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Minolta CLE

Film/e

Kodak Portra, Ektachrome

Farbe & s/w

Farbe

Ausgewählte Arbeiten

© Anna Pentzlin
© Anna Pentzlin
© Anna Pentzlin
© Anna Pentzlin
© Anna Pentzlin