Axel Schneegass
Im Gespräch mit

Axel Schneegass

Leipzig, Deutschland

Hi Axel, bitte stell dich kurz vor.

Ich lebe in der Mitte Deutschlands, in Leipzig – einer jungen, dynamischen und lebendigen Stadt. Vor ungefähr 15 Jahren, mit der Geburt meiner Tochter, habe ich mir eine Spiegelreflexkamera gekauft. Damals noch digital. Und mit dieser Kamera habe ich auch meine Liebe zur Fotografie neu entdeckt. Begleitet hat mich die Fotografie bereits seit meinem Kindesalter. Mein Vater war begeisterter Fotograf und ich bin mit ausladenden Diaabenden aufgewachsen. Bereits als Kind besaß ich meine erste Kleinbild-Filmkamera. Die digitale Fotografie versprach vieles einfacher, schneller und beeindruckender zu machen. Aber ich hatte zunehmend Probleme, mich mit den Ergebnissen zu identifizieren bzw. dem Prozess des Fotografierens Freude abzugewinnen. Seit 2017 fotografiere ich ausschließlich analog und habe mir gemeinsam mit meiner Frau eine Dunkelkammer eingerichtet. Seitdem scannen wir auch keine Negative mehr, sondern fertigen Kontaktabzüge an und belichten unsere Bilder klassisch aus.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Analoge Fotografie ist für mich ein prozessualer Ansatz, mich selbst zu entschleunigen und meinem Gefühl zu vertrauen. Dadurch hat sich meine Einstellung zu Fotografie, der Raum, den ich den Menschen vor meiner Kamera und meinen Gefühlen lasse, verändert. Und das ist es, was meine Arbeiten verändert hat. Ich empfinde meine Fotografie seither als gefühlvoller, ausdrucksstärker und berührender. Für mich persönlich hat sich auch die Wertschätzung gegenüber dem eigenen Schaffen deutlich erhöht.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Ich habe meine Entscheidung, analog zu fotografieren, nicht aus technischen Gründen getroffen. Daher lasse ich diese Argumente auch hier bewusst außen vor. Aus prozessualer Sicht liegen Vor- und Nachteile eng beieinander. Die analoge Fotografie ist langsamer, aufwändiger, man muss bewusster planen und es kostet sehr viel mehr Zeit bis zum fertigen Ergebnis. Was sich anhört und manchmal auch anfühlt wie ein Nachteil, ist aber der eigentliche Vorteil. Zum einen steigern Aufwand und Bewusstsein immens den Bezug zum eigenen Werk und ich bin überzeugt, dass der Prozess auch andere Ergebnisse hervorbringt. Ich rede aber nur von meiner künstlerischen Art der Fotografie – als Sportfotograf hätte ich einen schweren Stand.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

Ich fotografiere Menschen, ich selbst würde sagen, ich bin ein reiner Portraitfotograf. Akt ist für mich die reinste Form des Portraits.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Auf jeden Fall. Ich liebe die Arbeiten von Man Ray und Lee Miller in ihrer gemeinsamen Zeit und ich mag die bildliche Ästhetik eines George Hoyningen-Huene oder Horst P. Horst. Fasziniert bin ich von der Gabe Anton Corbijns oder Annie Leibovitz’, sich außergewöhnlichen Charakteren fast schon intim zu nähern. Bei Lee Miller oder auch Robert Capa bewundere ich die unerbittliche Empathie und Leidenschaft zur Dokumentation bis über die Grenze der eigenen Selbstaufgabe hinaus.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Für künstlerische Arbeiten bevorzuge ich meine beiden Pentax67. Ich liebe das Königsformat mit ca. 6x7cm Negativfläche je Bild. Der Tuchschlitzverschluss erlaubt das Abnehmen des Objektivs beim Fotografieren, auch Freelensen genannt. Für klassische Bilder mag ich den Look des Kodak TriX400, wenn ich bereits beim Motiv beabsichtige, das fertige Bild als Lith-Print auszubelichten, ist der Ilford HP5+ meine erste Wahl.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Ich habe mich vollständig auf den analogen Prozess eingelassen. Ich entwickle meine Filme selbst, ob per Hand oder für c41 (Farbnegativ) oder e6 (Farbpositiv) mithilfe eines eigenen Jobs-Porozessors. Aus den Negativen fertige ich im ersten Schritt ausbelichtete Kontaktbögen an. Auf diesen treffe ich eine erste Bildauswahl und notiere erste Ideen zu Ausschnitt und Entwicklung. Das fertige Bild entsteht als ausbelichteter Dunkelkammerprint. Erst dann digitalisiere ich das Ergebnis, um es z.B. auf die eigene Webseite oder anderen Plattformen zu teilen. Eine digitale Nachbearbeitung des abfotografierten Prints dient nur dazu, dass das digitale Ergebnis dem Print so nahe kommt wie nur möglich.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Wenn du nicht von der Fotografie leben musst, dann frage dich, warum du fotografierst. Was genau gefällt dir an der Fotografie und was nicht. Und entferne im Anschluss alle Teilprozesse, die dir Unbehagen bereiten oder dich an deinem eigenen Ziel hindern. Neues Gear zum Beispiel kann auf der einen Seite eine große Motivation sein, aber andererseits auch davon ablenken, dich in einem viel wichtigeren Bereich zu verändern. Ich habe in Folge meiner eigenen Antworten die digitale Fotoausstattung komplett verkauft und es bis heute nicht bereut.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Man muss Instagram als das sehen, das es ist. Und es ist weder eine Kunstgalerie noch ist es ein Demonstrationsort für gesellschaftlich fortschrittliche Ideen. Instagram ist eher ein Einkaufszentrum, in dem man sich kurzweilig treffen kann, Waren kaufen oder verkaufen kann und von allen Seiten mit Werbung beschallt wird. Ich zeige auf Instagram, wer ich bin und komme mit Menschen überall auf der Welt in Kontakt. Meine Bilder präsentiere ich aber am liebsten in Ausstellungen oder meinem neuen Buch „Analogie“.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Magnum – „Contact Sheets“, Gregory Crewdson – „Beneath the Roses“ und Diana Waeyaert – „come closer“

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Pentax67, Pentax67ii, Minolta CLE

Film/e

Ilford HP5+, Ilford FP4, Kodak TriX400, Fuji Pro400H, FP100c

Farbe & s/w

Farbe & S/W

Ausgewählte Arbeiten

© Axel Schneegass
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