Victor Nordland
Im Gespräch mit

Victor Nordland

Wuppertal, Deutschland

Hi Victor, bitte stell dich kurz vor.

Ich bin Victor Nordland, Fotograf, Filmemacher und Multi-Hyphen. Ich mache eigentlich immer das in der Kunst, wo mich meine Passion hintreibt. Meine Leidenschaft zu analogen Fotografie begann, als ich damals auf unserem Dachboden die alte Kamera meines Vaters gefunden habe und zum ersten Mal ihre mechanischen Klicken und Ratschen hören und in meinen Händen spüren könnte. Diese Passion für einfach das technische Genie, was in diese wunderbaren Werkzeuge geflossen, begeistert mich bis heute.

Seitdem habe ich den Drang verspürt, mich in der Sprache der Fotografie auszudrücken, habe aber noch Jahre gebraucht, um dahin zukommen. Für mich funktioniert diese Kommunikation ganz oder gar nicht. Jahrelang habe ich mich immer wieder an Fotos versucht, aber keinen Zugang gefunden. Bis ich irgendwann einfach den richtigen Weg gefunden habe, Fotos zu machen. Das war damals analog, mit meiner OM1n, die Filme selbst entwickelt in Frankreich. Ich hab quasi vom einen auf den andern Film meine Stimme gefunden und lasse die Kamera seit dem nicht mehr los.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Es bedeutet mir so viel. Es ist die Sprache, die ich am meisten zu sprechen liebe. Das Leben ist nicht immer einfach und für mich ist es ein Ventil auszudrücken, was Worte nicht zu sagen vermögen. Ich mache keine Selbstportraits, aber ich sehe mich selbst mehr in meinen eigenen Bildern als jedem Foto, dass es von mir selbst gibt.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Der größte Nachteil aktuell ist ganz klar die Logistik. Es ist viel schwerer an Filme zu kommen zu guten Preisen. Aber das ist auch wieder spannend. Jetzt drehe ich meine Filme wieder vermehrt selber von Meterware und probiere neue Filme aus, die ich vorher noch nie angefasst habe. Es gibt immer Limitierungen, aber ich sehe diese einfach nur als Spielregeln, um die man irgendwie seinen Weg herum finden muss. Genau wie, wenn man Großformat fotografiert und plötzlich nicht mehr live durch die Kamera das Foto vorher sehen kann. Nicht mehr alle Fotos funktionierten so als muss man sich neue Konzepte ausdenken, dass es funktioniert.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

Portraits. Alles, was keinen Menschen im Bild hat, bewegt mich sehr selten dazu, den Auslöser zu drücken. Vielleicht noch Pflanzen und definitiv Katzen. Aber am liebsten fotografiere ich die Leute in meinem Umfeld, treffe mich mit Freunden dazu oder nehme die Kamera mit zu Filmsets, irgendwo wo irgendwas passiert. Neuerdings fange ich allerdings an, mehr und mehr die Situationen mir vorzuzeichnen und eher konzeptionell heranzugehen.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Direkt nicht. Ich meide meistens alles, was meiner Arbeit am nächsten kommt und versuche mich nur aus meiner eigenen Arbeit und meiner Beziehung zu ihr heraus weiterzuentwickeln. Doch es gab einige Fotografen, aus der Zeit bevor ich es geschafft habe meine Ideen in meinen Fotos zu verwirklichen, die mich begeistert haben in der Art und Weise wie sie ihre Sicht auf die Welt in der Fotos manifestieren. Und das hat in mir den Drang nur noch verstärkt meinen Zugang zur Fotografie zu finden.

Eine Fotografin, mit der ich zum Glück auch mal ein gegenseitiges Shooting gemacht habe, was total schön war, ist Adina Salome Harnischfeger. Sie hat eine so wunderschöne Perspektive auf das Mensch sein, unsere Körper. Ihre Bilder sprechen so sehr für ihre Weltanschauung und ich wollte dasselbe für die Meinen entdecken.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Ja, definitiv: die OM1n von Olympus. Die Objektive sind wunderschön und geben einem eine Menge von Spielregeln, wann sie zwischen scharf und wunderbar organisch sanft wechseln, abhängig von Distanz, Bildmitte und Blende. Da ich OM1n mit ihrem dem alten 50mm 1.4 schon seit sechs Jahren für 80% meiner Fotos benutze, kenne ich es in- und auswendig und es ist und bleibt mein Lieblingsobjektiv.

An zweiter Stelle kommt meine Linhof Technika IV. Eine einfach wunderbare Großformat Kamera. Ich benutze sie mit einem relativ modernen Objektiv, weshalb sie mir einfach komplett neue Grenzen setzt, was mit Auflösung, Schärfe und der Geometrie, mit der sie alles abzeichnet, möglich ist.

Mein Lieblingsfilm war lange Zeit der Fuji C200, der leider seit kurzem nicht mehr produziert wird. Der Metropolis von Lomography ist allerdings auch eine tolle Wahl. Was ich an beiden Filmen mag ist ihr verhalten bei Unterbelichtung. Die Farben reagieren einfach sehr schön auf Stress und zu wenig Licht. Das ist eigentlich auch mein Hauptkriterium bei allen Filmen.

Für SW bevorzuge ich die Fomapan Filme. Ich liebe den analogen Workflow von Meterware zur Entwicklung mit ihnen sehr und nach jahrelanger Zusammenarbeit mit ihnen verstehe ich genau, wie man sie auf die richtige Art und Weise manipulieren und stressen kann.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Auf die Gefahr hin, das meine Arbeitsweise als Absurd abgestempelt wird, kurz zur Vorbereitung, es ergibt sich aus einigen Faktoren. Ich habe sehr hohe Ansprüche an die Farbchemie, Auflösung, die Scannung und Handarbeit meines Labors. Gleichzeitig habe ich allerdings keine Lust 40 Euro pro Film auszugeben. Deshalb entwickele ich meine Filme tatsächlich in Istanbul, bei Şeftali, einem wunderbaren Labor in Eminönü. Ein exzellentes Labor, das ich nur jedem ans Herz legen kann, der vor Ort ist! Ich habe zuvor tatsächlich jedes Labor im Stadtzentrum systematisch für Farb- und SW Entwicklung ausprobiert und sorgfältig verglichen. Ich kann ziemlich sicher sagen, dieses Labor ist eines der Top-Labore Europas.

Was SW angeht, kam ich zu dem Schluss, dass ich sie selber am liebsten entwickele. Das liegt einerseits daran, dass meinen Scanner – der Plustek i8200 – einfach unschlagbar ist, was Tonalität und Auflösung angeht. Zudem ist der Workflow viel einfacher staubfrei zu halten, als mit jedem Flachbettscanner. Er harmoniert besonders mit meinem Entwicklungsverfahren. Denn ich mag wirklich nicht die Standard SW verfahren mit hochkonzentriertem Entwickler.

Stattdessen arbeite ich stets mit exakt 3,5ml Rodinal pro 36 Fotos langem Film und entwickle im Semi Stand verfahren, wo ich meinen Film vereinfacht gesagt einfach eine Stunde im Entwickler stehen lasse. Der Effekt ist einfach wunderschön, die Fotos suchen sich selber den richtigen ISO Wert, also kann ich auf einem Filme unterbelichten, überbelichten und alles im selben Tank entwickeln. Zudem lokalisiert das Verfahren den Kontrast. Wenn ein Bildabschnitt bedeutend weniger Helligkeit als ein anderer hat, passen sich die hellsten Farben dort doch an und kommen am Ende auf eine ähnliche Helligkeitsstufe wie bei den anderen Bereichen. Quasi eine Art organischer HDR Effekt, der ausgeglichene, kontrastreiche, scharfe Bilder hervorbringt. Im Vergleich zu den oft sehr flachen Scans, die man bei SW Fotos aus Laboren kriegt, sind so die Bilder genau vom Kontrast wie ich sie möchte.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Liebt alles im Prozess, und manipuliert euch selber gute Fotos zu machen. Wenn ihr jemals das Gefühl habt, ihr wisst genau, was ihr fotografieren möchtet, aber es will einfach nicht so aussehen, analysiert, wieso das so ist. Was ging schief? Was genau gefällt euch nicht? Welches Verfahren habt ihr? Welcher Film, Objektiv, Scanner, Licht? Vielleicht seid ihr nicht der Typ für eine voll manuelle Kamera. Aber wieso nicht, und welche andere Art von Kameras würde euch künstlerisch befreien? Vielleicht ein anderes Format?

Genau so auch außerhalb der Kamera. Seid ihr vielleicht komfortabler damit, eure Liebsten abzubilden als zufällige Insta Models? Wie inszeniert ihr den ganzen Prozess um die Fotos? Woran denkt ihr beim Shooting? Seid ihr lieber alleine im Wald oder versteckt euch hinter der Kamera, wenn ihr mit Freunden unterwegs seid? Es gibt einen Weg für jeden, der Leidenschaft und ein gutes Auge besitzt, analog wunderbare Fotos zu machen. Man muss nur sich selber und die Technik analysieren und zu manipulieren wissen, dann wird man seine wunderbarsten Fähigkeiten freilassen.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Instagram und Meta im allgemeinen Fluch für die Fotografie und diese ganze Welt, auf so vielen Ebenen. Ebenso schlimm wie TikTok, ob es jetzt vom psychopathischen Mark Zuckerberg oder Schurkenstaat China kontrolliert wird. Andererseits muss man es haben und es ist toll, mit Freunden so in Kontakt zu bleiben, wäre schön, wenn dies der Plattform selbst bewusst wäre. Es ist Teil dieser Welt, genau wie Abwaschen und Müll herausbringen. Ich mag es allerdings meinen Feed zu gestalten und einfach irgendwelchen Blödsinn zu posten unabhängig davon was der Algorithmus gerade will. Der war eh nie für mich da und ich sehe nicht ein wieso ich für ihn da sein sollte.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Ich bin kein Fan von Fotobüchern, stattdessen gehe ich lieber zu Ausstellungen hin. Ich mag Fotos am liebsten im Kontext mit der Welt.

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Linhof Technika IV, Olympus Om1n

Film/e

Fomapan, FujifilmC200 (RIP), Lomography Metropolis

Farbe & s/w

Farbe & S/W

Ausgewählte Arbeiten

© Victor Nordland
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