Emil Wieringa Hildebrand
Im Gespräch mit

Emil Wieringa Hildebrand

Oslo, Norwegen

Hi Emil, bitte stell dich kurz vor.

Ich bin Emil, ein 24 Jahre alter Fotograf aus Norwegen, der normalerweise in Wien lebt. Ich beschäftige mich seit sechs Jahren mit analoger Fotografie. Angefangen hat es, wie so oft, mit einer geschenkten Kamera von meinen Großeltern. Ich bekam eine abgenutzte Nikkormat FTn, die alt genug war, um meinen Vater aufwachsen zu sehen. Später fand ich heraus, dass sie in den achtziger Jahren die Ersatzkamera eines Kriegsjournalisten gewesen war, also hat dieses alte Ding wahrscheinlich mehr erlebt, als ich je erleben werde. Sie funktioniert immer noch einwandfrei. Sie diente eine Zeit lang als Reise- und Alltagskamera, bis ich mich während eines Aufenthalts in Rotterdam vor drei Jahren ernsthafter mit der Fotografie beschäftigte.

Alles, was ich tue, habe ich mir selbst beigebracht, und ich verdanke Youtubern und Online-Ressourcen viel – vor allem in der Anfangsphase meiner Fotografie. Heutzutage versuche ich, mehr auf eigene Faust zu experimentieren und herauszufinden, was für mich funktioniert.

Inzwischen habe ich meine Ausrüstung etwas aufgerüstet, aber die Nikkormat ist immer noch gelegentlich dabei.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Für mich liegt es an der Langsamkeit und der Einfachheit der Arbeit. Da ich das Ergebnis nicht sofort sehen kann, muss ich über jedes Bild ein bisschen mehr nachdenken, und ich habe festgestellt, dass sich das am Ende wirklich auszahlt. Auch die bekanntlich hohen Preise helfen in dieser Hinsicht. Ein weiterer Pluspunkt ist die Nachsichtigkeit von Film – selbst eine misslungene Aufnahme kann großartig oder zumindest interessant aussehen. Das habe ich bei der digitalen Technik noch nie erlebt.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Abgesehen von den bereits erwähnten Dingen mag ich den Look, den mir der Film direkt aus der Kamera vermittelt. Auch wenn ich eine ganze Menge an Einstellungen und Bearbeitungen vornehme – vielleicht mehr, als die meisten Leute denken – ist der Grundlook bereits durch den Film gegeben. Ich finde es furchtbar, mit einem sterilen, gestochen scharfen und leblos wirkenden digitalen Bild zu beginnen.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

Ich arbeite mit Porträts, und mein Schwerpunkt sind Bands, Künstler und andere Kreative. Ich mag Menschen und ihre Absurdität, und wenn ich mit anderen zusammenarbeite, entstehen immer bessere Bilder, als ich sie allein machen könnte.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Auf jeden Fall! Ich bin ein großer Fan von Künstlern wie Min Hyun-woo (@minhyunwoo_), Brooke DiDonato (@brookedidonato) und Barney Arthur (@barneyarthurphoto), um nur ein paar zu nennen.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Ich habe mich mit meiner derzeitigen Ausrüstung gut eingerichtet. Ich habe festgestellt, dass meine Nikon FE2 für Kleinbild, meine Mamiya RB67 für Mittelformat und seit kurzem eine Polaroid Impulse AF für Sofortbilder am besten funktionieren.

Bei den Filmen habe ich aus sehr unterschiedlichen Segmenten gewählt. Mein bevorzugter Farbfilm ist natürlich der Portra 400, aber für Schwarz-Weiß-Fotografie habe ich mich zu dem körnigen und etwas temperamentvollen Fomapan 400 hingezogen gefühlt. Ich liebe einfach das Aussehen dieses Films.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Die Entwicklung und das Scannen überlasse ich den sehr fähigen Händen meiner Labors in Oslo und Wien. Bei der Nachbearbeitung lasse ich alles durch Lightroom und manchmal Photoshop laufen, bevor es die Außenwelt erreicht.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Wenn du neu in das analoge Spiel einsteigst: mach einfach Fotos. Wenn du schon eine Weile dabei bist: mach noch mehr. Ich versuche, mir das selbst beizubringen.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Beides, ganz sicher. Verwende es mit Sorgfalt und Pflege ein bisschen weniger.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Nimm ein zufälliges Exemplar, oftmals überraschen sie dich am meisten. Für die zweite oder dritte: Kaufe ein paar Zines von jemandem!

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Nikon FE2, Mamiya RB67, Polaroid Impulse AF

Film/e

Portra 400, Fomapan 400

Farbe & s/w

Farbe

Ausgewählte Arbeiten

© Emil Wieringa Hildebrand
© Emil Wieringa Hildebrand
© Emil Wieringa Hildebrand
© Emil Wieringa Hildebrand
© Emil Wieringa Hildebrand