Jan Krattiger
Im Gespräch mit

Jan Krattiger

München, Deutschland

Hi Jan, bitte stell dich kurz vor.

Ich bin 39 Jahre alt, hauptberuflich Journalist in München. Nach München kam ich 2015 aus der Schweiz, wo ich in der Nähe von Basel auf dem Dorf aufgewachsen bin. In Basel hab ich dann studiert (Anglistik) und angefangen, nebenher als Freier Journalist zu arbeiten. Da wurde das auch langsam ernster mit der Fotografie, digital und auch analog.

Ich habe immer schon nebenbei analoge Kameras benutzt. Zunächst die alte Konica-Spiegelreflex meines Vaters während der Schulzeit (hab ich immer noch), dann vermehrt so billige Lomo-Kameras, wenn ich z.B. mit meiner alten Band auf Tour unterwegs war, das war während meines Studiums.

Dann hab ich sehr günstig eine alte Leica M3 gekauft und da fing es so richtig wieder an, das ist jetzt ca. 6 Jahre her. Da habe ich zunächst im Urlaub fotografiert, neben einer digitalen. Und seit ca. 3 Jahren, als noch etwas vor Corona und vor der Geburt meiner Tochter, wurde es so ein richtiges Hobby, das auch vermehrt Zeit in Anspruch nimmt. Die beiden Faktoren haben das nochmal sehr beschleunigt.

Bei meinen Anfängen als Lokaljournalist während des Studiums war es Pflicht, selber auch zu fotografieren für die Artikel, die man schrieb. Das war also quasi semiprofessionell und so ist es seither auch geblieben, das hat mir immer sehr gefallen. Bis auf ein paar wenige Bilder für Projekte von Freunden passiert das meiste aber momentan auf Hobby-Basis und das ist auch ok so für mich. Ausbildung habe ich in dem Bereich keine.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Fotografie hat mich generell immer schon gereizt, das analoge war immer so eine Begleiterscheinung (ich fotografiere immer noch beides). Bei der analogen Fotografie reizt mich, auch wenn das sehr abgedroschen klingen mag, der Prozess sehr: Es ist langsamer, bedachter, und vielleicht auch ungenauer. Das hat sich wiederum auch positiv auf meine digitale Fotografie ausgewirkt.

Was noch dazu kommt ist, dass ich Schwarzweiß selber entwickle zu Hause. Und seit einigen Monaten gehe ich mit einem Kumpel auch regelmäßig in die Dunkelkammer, um Abzüge von den eigenen Bildern zu machen. Das hat auch was Schönes, dass man den Prozess von Anfang bis Ende selber in der Hand hat. Und es ist ja immer ein bisschen Magie dabei, wenn auf dem Filmstreifen dann plötzlich Bilder auftauchen.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Vorteil ist für mich der Prozess: Langsamer, überlegter, aber auch irgendwie risikobehafteter. Auf einer anderen Ebene aber auch einfacher: Du hast sofort einen Look – klar kann man den mittlerweile mit Lightroom, etc. sehr gut emulieren, aber wenn man analog fotografiert, ist er halt einfach da. Und er ist richtig gut.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

Was ich auf meinem Instagram Account vor allem zeige, ist wohl so eine Mischung aus Landschaft und Architektur, man sieht kaum Menschen. Das ist aber eher Zufall, ich fotografiere einfach gerne die schönen, speziellen und auch hässlichen Ecken, die mein Umfeld zu bieten hat. Privat kommen dann nochmal ein Vielfaches an Familienbildern dazu, aber die bleiben vorwiegend privat. Sehr strategisch gehe ich insgesamt nicht vor, ich habe einfach meistens eine Kamera dabei und fotografiere, was mir auffällt.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

Unglaublich viele, ja. Um nur einige zu nennen (ohne mir anzumaßen, auch nur annähernd so gut zu sein): Robert Frank, Teju Cole, Nanna Heitmann, Paul Fusco, Vivian Maier, Jochen Lempert.

Also von denen schaue ich mir Bücher/Bilder an und will die Kamera sofort in die Hand nehmen und loslegen.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Ich versuche, mich auf die M3 mit meinem 50mm-Objektiv und Schwarzweißfilm zu konzentrieren, da am liebsten Tri-X, obwohl der wegen der krass gestiegenen Preise bei Kodak grade eher selten zum Einsatz kommt. Stattdessen halt Ilford HP5, der andere Klassiker. Die Einschränkung auf die Kombi gelingt auch meistens, da habe ich phasenweise schon eine gewisse Selbstverständlichkeit beim Fotografieren erreicht, glaube ich.

Mit der Hasselblad gehe ich noch ein wenig bewusster um und nehm sie mit, wenn ich weiß, dass ich Zeit habe für einen kleinen Fotospaziergang oder so. Liegt auch nahe, weil sie nochmal eine Nummer größer ist.

In meiner Olympus XA hab ich oft einen Farbfilm drin, weil ich die immer in der Jackentasche dabei hab und random Sachen fotografiere, die mir begegnen. Und manchmal hol ich mir ein paar Rollen Lomo 800 für Mittelformat, der Film macht auch echt Spaß.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Schwarzweiß: Entwickeln im Badezimmer, scannen mit Flachbett (Epson), Kontraste anpassen in Lightroom, evtl. Vergrößern in der Dunkelkammer.

Farbe: wie schwarzweiß, aber ohne Entwicklung und Dunkelkammer. Selber scannen find ich recht schwierig, allerdings.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Puh, schwierig. Einfach machen und ausprobieren? Es gibt auf YouTube für alles 10 Videos, die es super erklären. Selber entwickeln ist ja z.B. so einfach, denkt man nur irgendwie nicht.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Prinzipiell eher Segen, weil ich merke, dass da draußen in der (analogen) Fotocommunity auch viele gute Vibes herrschen. So wurde ich schon ein paar Mal angefragt, ob ich ein Bild für ein Zine hergeben möchte – so ja auch von dir. Das freut mich immer sehr. Und es gibt halt weltweit so viele gute Fotograf:innen, die mega inspirierende Arbeit machen. Das ist primär Segen, manchmal aber auch Fluch, weil man denkt, dass man gleich aufhören sollte.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Robert Frank – „The Americans“
Teju Cole – „Fernweh“
Und ein Lokalheld, der noch viel zu wenig bekannt ist: Volker Derlath – „Oktoberfest“

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

35mm: Leica M3, Olympus XA
120mm: Hasselblad 500cm, Yashica 635

Film/e

Kodak Tri-X 400, Ilford HP5+, Ilford Delta 400, Kodak Ultramax 400, Lomo 800, Kodak Portra 160

Farbe & s/w

Farbe & S/W

Ausgewählte Arbeiten

© Jan Krattiger
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