Im Gespräch mit
Sebastian Weissinger
Wien, Österreich
Hi Sebastian, bitte stell dich kurz vor.
Ich lebe und arbeite als Fotograf und Kameramann in Wien. Die Fotografie war soweit ich mich erinnere immer präsent in meinem Leben. Mein Großvater und Vater haben beide viele Familien-, Kinder- und Urlaubsfotos gemacht, Alben angelegt. Von meinem Vater habe ich auch meine ersten Kameras bekommen. Später war Fotografie beim Skateboard fahren immer ein Thema und da kam ich auch das erste Mal in Kontakt mit analoger Fotografie. Ich habe, als ich beim Zivildienst das erste Mal Geld verdient habe eine Nikon FM2 gekauft und ein bisschen herumgeknippst, aber es nicht ernsthaft weiterverfolgt.
Ich hatte dann einige Jahre nur mit Video zu tun – sowohl beruflich, als auch privat. Aber nachdem damals schon viel mit DSLRs gefilmt wurde, hatte ich auch immer eine Fotoausrüstung und habe dies und das fotografiert. Vor sieben Jahren wurde ich selbst Vater und da ich damit aufgewachsen bin, dass es „gute“ Kinderfotos in der Familie gibt, hatte ich ab diesem Moment immer eine (digitale) Kamera dabei und habe mich auch immer mehr damit auseinandergesetzt. Dann habe ich lange erfolglos „meine“ Bildsprache oder „meine“ Art zu fotografieren gesucht. Vor vier Jahren, ein paar Tage nach der Geburt meines zweiten Kindes, habe ich aus einer Laune heraus eine analoge Halbformatkamera gekauft und seit dem beschäftigt mich das Thema immer mehr.
Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?
Ganz grundsätzlich habe ich durch die analoge Fotografie eine kreative Tätigkeit und Ausdrucksform gefunden, die ich viele Jahre – eigentlich seit meiner Jugend – gesucht habe. Und sie ist etwas, das mich jeden Tag, jederzeit in jedem freien Moment in irgendeiner Form beschäftigt.
Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?
Natürlich gibt es die Standardantwort – zum Beispiel: Entschleunigung und das Erlebnis auf der einen, Kosten auf der anderen Seite, etc. Persönlich gibt es für mich nur Vorteile, wie eben beschrieben.
Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?
An sich fotografiere ich auf der Straße. Da sehe ich viele Parallelen zum Skateboard fahren, daher liegt es mir vermutlich. Aber auch Reportage- und Portraitfotografie mag ich sehr gerne.
Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?
Meine Ästhetik und Herangehensweise sind eher aus meiner bisherigen Erfahrung und anderen Interessen entstanden. Das Skateboard fahren hat sicher zu großen Teilen dazu beigetragen, dass ich eine Affinität zur Straße habe, aber auch dass für mich Material und Haptik einen hohen Stellenwert haben.
Ich glaube, dass meine Art zu fotografieren bisher eine natürliche Entwicklung war, aber selbstverständlich auch von anderen Fotografen beeinflusst. Aber es passiert auch, dass ich auf Fotografen stoße, die vor Jahrzehnten Arbeiten geschaffen habe, die meinen sehr ähneln. Vielleicht waren diese aber auch einfach nur Einflüsse meiner Einflüsse.
Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?
Ja. In der Regel verwende ich auf der Straße eine Leica M2 mit 90mm Objektiv und Kodak Tri-X. Bei Portraits arbeite ich mit demselben Filmmaterial, aber lieber mit einer SLR – entweder eine Leica R8 oder eine Nikon FM2 mit unterschiedlichen Brennweiten.
Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?
Schießen – Entwickeln – Kontaktabzüge – Abzüge. Also der klassische analoge Workflow. Zum Schluss dann eventuell noch Retusche und Kaschieren bzw. Rahmen bauen. Zusätzlich mache ich noch Scans der Negative, um ein digitales Archiv zu haben. Wenn ich aus einem Negativ in der Dunkelkammer nicht alles herausholen kann (weil ich zum Beispiel einen Fehler bei der Belichtung gemacht habe) habe ich auch kein Problem damit hybrid mit einem Scan zu arbeiten und diesen drucken zu lassen.
Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?
Ich glaube nicht, dass es einen allgemein gültigen Rat gibt, den ich geben kann. Im Endeffekt muss jede:r selbst herausfinden, was wie für eine:n selbst funktioniert. Das beginnt bei technischen Dingen wie Kamera und Brennweite, Film und Entwickler, aber vor allem bei der Frage nach dem Motiv und dem Inhalt der eigenen Arbeit. Es zählen das, was/wie/wann/wo/womit/usw. Nur wirklich entscheidend ist immer das „warum?“. Das ist aber auch nur meine Einschätzung basierend auf meinen Einflüssen und dem bisschen Erfahrung, das ich die letzten paar Jahre gesammelt habe.
Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?
Beide Antworten wären zu einfach. Ich bin auf Instagram nicht sehr aktiv und sehe es für mich persönlich eher als Last(er). Andere profitieren von der Plattform und ihren Möglichkeiten natürlich.
Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?
Momentan eines: „Timm Rautert und die Leben der Fotografie“