Tobias Urban
Im Gespräch mit

Tobias Urban

Kleve, Deutschland

Hi Tobias, bitte stell dich kurz vor.

Mein Name ist Tobias Urban und ich lebe und arbeite in der kleinen Stadt Kleve, welche am Niederrhein liegt. In meiner Jugend war ich aufgrund meiner Vergangenheit als Skateboarder früh umgeben von Video und Foto, da wir uns immer gegenseitig gefilmt und fotografiert haben. Mich persönlich reizte jedoch eher die Fotografie gegenüber dem Bewegtbild. Zur damaligen Zeit war es gang und gäbe Skateboardfotografie analog zu betreiben und somit hatte ich mir auch schnell meine erste Canon AE-1 geholt. Mit einigen digitalen Ausrutschern ist es bis heute beim Analogen geblieben. Die Fotografie habe ich mir selbst beigebracht und habe es weder gelernt noch studiert.

Welche Bedeutung hat für dich analoge Fotografie? Was reizt / fasziniert dich daran?

Ich liebe das reduzierte, wesentliche und vor allem haptische an ihr. Generell bin ich sehr interessiert an eher nostalgischen Dingen, so kaufe ich meine Musik auf Schallplatten, fahre Autos aus den 80er oder 90ern und fotografiere eben am liebsten auf Film. Ich finde es spannend eine analoge Kamera nutzen zu können und durch die Wahl des Films entsprechend das Ergebnis vorab einzugrenzen und bewusst zu bestimmen. Film gibt mir in meinen Ergebnissen genau den Look, den ich mir bei meinen Bildern wünsche.

Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile der analogen Fotografie?

Als Nachteil würde ich aus heutiger Sicht die recht hohen Filmpreise und Gebrauchtpreise analoger Kameras sehen. Dies macht den Einstieg recht schwer und schränkt einen schnell in der Auswahl von Film und Kameras ein. Für mich der entscheidende Vorteil sind die Resultate, die analog entstehen. Das Perfekte und unperfekte vereint gibt mir genau das Bildergebnis, welches ich rein Digital nicht erzeugen kann.

Konzentrierst du dich bei deinen Arbeiten auf einen bestimmten Schwerpunkt?

In meinen Anfängen war es ganz klar die Skateboardfotografie, gefolgt von Portrait, Fashion und Lifestyle. Heute ist es eher eine bunte Mischung aus allem. Ich fotografiere gerne fremde Menschen, aber auch Freunde. Manchmal mag ich es aber auch bewusst keine Menschen in meinen Bildern zu haben. Ich achte gerne auf Formen, Farben und Linien. Einen konkreten Schwerpunkt habe ich da nicht mehr.

Gibt es (analoge) Fotograf:innen, die deine Ästhetik und Herangehensweise beeinflusst haben?

In erster Linie würde ich hier Théo Gosselin nennen. Ein junger französischer Fotograf, der Portraits und Lifestyle perfekt zu kombinieren weiß. In seinen freien Arbeiten dokumentiert er seine Roadtrips durch die USA mit seinen Freunden. Er schafft es hier Stimmung, Farben und ungezwungene Momente festzuhalten, welche einem beim Betrachten nahezu fesseln. Diese Art und Weise inspiriert mich sehr und gibt mir das Gefühl von Freiheit und Kunst in der Fotografie.

Gibt es bestimmte Kameras oder Filme mit denen du bevorzugt arbeitest?

Kameras habe ich wohl zu viele, dennoch ist die Leica M6 für mich das Werkzeug der ersten Wahl. Die Abbildungsleistung der hochwertigen Objektive kombiniert mit einer kleinen, recht unauffälligen Kamera erzeugen für mich die Möglichkeit immer und überall wichtige Momente festhalten zu können. Gerne setze ich aber auch auf kleinere Point & Shoot Varianten oder im Bereich Portrait und Landscape auch auf meine Mittelformatkamera, die Pentax 67.

Bei der Filmauswahl bin ich eher unspektakulär unterwegs und setze meistens, aber nicht immer auf die Klassiker Portra 400 und in SW auf den Ilford HP5. Beide Filme sind in ihren Bereichen die flexibelsten und geben mir aufgrund ihrer Konsistenz die höchste Kontrolle über meine Aufnahmen.

Apropos Filme: Wie sieht dein Workflow aus?

Dadurch, dass meine Lebensgefährtin und ich im Hauptberuf ein eigenes Fotolabor betreiben, liegt es natürlich sehr nahe, dass der Prozess der Filmentwicklung und Digitalisierung in meinen eigenen Händen liegt. Unter perfekten Laborbedingungen kann ich so mit den heutigen technischen Standards meine eigenen Ergebnisse erzeugen und den Prozess in höchster Qualität steuern und beeinflussen. Eine digitale Nachbearbeitung meiner Aufnahmen findet zu 99% nicht statt. Die Wahl der Kamera, des Films und des Prozesses sollen mein Ergebnis bestimmen.

Welchen Rat würdest du anderen Fotograf:innen geben, die dieses Interview lesen?

Ich denke, es sollte sich jeder in seiner Fotografie ausprobieren. Ich sage nicht nein zur digitalen Fotografie, aber bevorzuge dennoch die analoge und genau das sollte doch jeder mal gemacht haben. Das Gefühl den ersten Film belichtet zu haben und die ersten Ergebnisse zu sehen ist unbeschreiblich. Ein einziges gutes Bild auf einem 36er Film gibt einem mehr Zufriedenheit als 100 gute auf einer Speicherkarte.

Falls du deine Arbeiten auf Instagram veröffentlichst: Fluch oder Segen?

Was die Veröffentlichung meiner Aufnahmen angeht, bin ich eher zurückhaltend und lege da nicht mehr so viel Wert drauf. Früher habe ich mich stark an den Algorithmus gerichtet und Instagram hat quasi bestimmt, welche Aufnahmen ich wann und wie zeige. Das ist mir heute eher egal und ich teile etwas wann und wie ich es möchte, unabhängig von der Resonanz.  Durch den starken Einfluss von Instagram auf seine eigene Bildauswahl ist es ein Fluch. Durch die aber doch recht hohe Konnektivität zu anderen Gleichgesinnten eher ein Segen.

Welche drei Fotobücher kannst du empfehlen / sollte man unbedingt besitzen?

Théo Gosselin – „Roll“: Einfach inspirierend und von der Bildsprache her fesselnd. Magnum – „Contact Sheets“ (Gebundene Version): Sehr interessante Auszüge aus den Negativen legendärer Fotografen der damaligen Zeit. Peter Lindbergh – „Untold Stories“: Einfach grandios, ohne Worte.

Vielen Dank für deine Zeit!

Präferenzen

Kamera/s

Leica M6 TTL, Pentax 67, Olympus Mju II

Film/e

Kodak Portra 400, Ilford HP5

Farbe & s/w

Farbe & S/W

Ausgewählte Arbeiten

© Tobias Urban
© Tobias Urban
© Tobias Urban
© Tobias Urban
© Tobias Urban